Akteure aus dem Sozial- und Gesundheitswesen wollen Betroffenen helfen – Ein Drittel der Depressiven unternimmt Selbsttötungsversuche
Osnabrück. Wie bereits in vielen anderen Städten wird es auch in Osnabrück künftig ein Bündnis gegen Depression geben. Dafür wurden auf Initiative des AMEOS Klinikums Osnabrück erste Weichen gestellt und eine Initiativgruppe mit Partnern aus dem Sozial- und Gesundheitswesen der Region gegründet. Diese trafen sich jetzt mit Interessierten und Betroffenen in der Osnabrücker Volkshochschule, um den gemeinsamen Weg der Bündnisarbeit abzustecken.
Zu den Gründungsmitgliedern werden neben dem AMEOS Klinikum Osnabrück auch das Kinderhospital Osnabrück am Schölerberg, die Diakonie Osnabrück Stadt und Land, die Niels-Stensen-Kliniken, die Heilpädagogische Hilfe Bersenbrück, der Caritasverband Stadt und Landkreis Osnabrück sowie der Caritasverband für die Diözese Osnabrück gehören.
Prof. Dr. Bernhard Croissant, Ärztlicher Direktor des AMEOS Klinikums Osnabrück, verdeutlichte die Notwendigkeit eines solchen Zusammenschlusses. Depressionen seien nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. 30 Prozent der von Depressionen betroffenen Menschen unternähmen während der Erkrankungsphase mindestens einen Versuch zur Selbsttötung. Das sei ein Alarmsignal. Es sei daher ein Gebot der Stunde, Betroffenen in der Region rechtzeitig zu helfen, so der Referent. Denn Depressionen gehörten auch zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Insgesamt seien in Deutschland 5,3 Millionen Erwachsene erkrankt. Hinzu kämen zahlreiche Kinder und Jugendliche. Frauen seien häufiger betroffen als Männer. Depressionen könnten einmalig auftreten, in den meisten Fällen kehrten sie aber wieder. „Sie in den Griff zu bekommen, ist nicht einfach, gelingt aber mit professioneller Hilfe in der Regel gut und nachhaltig, betonte Prof. Dr. Croissant.“.
Margarethe Hütter, Leitende Oberärztin im Kinderhospital Osnabrück am Schölerberg, Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik erläuterte, dass Depressionen bei Kindern ganz anders in Erscheinung träten als bei Erwachsenen: Sie versteckten sich oft hinter anderen Symptomen und Auffälligkeiten im Verhalten und sind vom Alter des Kindes und Jugendlichen abhängig. Im Kindergarten wirken depressive Kinder oft unzufrieden, ziehen sich zurück, finden nicht zu einem altersentsprechenden Spiel. Im Schulalter sind sie launisch und unkonzentriert oder aggressiv und können nicht gut lernen. Im Jugendalter könne sich die Depression durch Selbstverletzungen, Alkohol-, Drogen- oder Glückspielsucht sowie exzessive Mediennutzung äußern. „Als die Idee aufkam, ein Bündnis zu gründen, haben wir sofort unsere Beteiligung zugesagt“, sagte die Ärztin: „Wir erhoffen uns davon, mehr Verständnis für betroffene Kinder zu wecken und das Thema Depressionen bei Kindern stärker in die Öffentlichkeit tragen zu können.“
Laut Petra Buderath, Geschäftsbereichsleiterin Diakonie Osnabrück Stadt und Land, gebe es noch zu viele Wissenslücken beim Thema Depressionen und hinsichtlich der vorhandenen Hilfsangebote. Daher müsse mit dem Bündnis Abhilfe geschaffen werden. „Es gibt bereits gute Vernetzungen, auf die aufgebaut werden kann.“ so die Psychologin.
Im Anschluss an die Referate sowie einführenden Infos zum Projekt von Hanna Jansen (AMEOS Klinikum Osnabrück) und Felicitas Kröger (Volkshochschule Osnabrück) waren die Teilnehmenden eingeladen, Anregungen für die zukünftige Arbeit eines Bündnisses in Stadt und Landkreis zu sammeln. Dabei kristallisierte sich heraus, dass Akteuren und Betroffenen eine intensivere Zusammenarbeit mit Hausärzten wichtig sei, da diese oft die ersten Ansprechpartner bei Verdacht auf Depressionen sind. Sie müssten noch umfassender geschult werden, hieß es. Auch müsse es mehr niedrigschwellige Angebote geben sowie ein Internetportal, auf dem Betroffene ihre Anliegen eingeben könnten. Mehr Basiswissen über die Krankheit sei erforderlich, um frühzeitig handeln zu können, wenn bei einem selbst oder im Umfeld der Verdacht auf eine Depression aufkomme. Angeregt wurde zudem eine Schnellberatung für Eltern mit betroffenen Kindern.
Eine offizielle Auftaktveranstaltung für das Osnabrücker Bündnis gegen Depression ist für Juni 2019 geplant. Bei Interesse an einer Mitwirkung im Bündnis kann man sich an die Bündniskoordinatorin Hanna Jansen wenden (hjan.soz@osnabrueck.ameos.de).