Vor allem in der kalten Jahreszeit häufen sich die Meldungen zum Thema Norovirus. Verursacht wird die Erkrankung durch einen hochansteckenden Virus, dem Norovirus-Gastroenteritis. Kennzeichen sind heftiger Durchfall, Übelkeit und schwallartiges Erbrechen. Nach Recherchen von AMEOS Ost ist das Verhältnis von gemeldeten Norovirus-Infektionen je Einwohner in den östlichen Bundesländern besonders hoch.
Gemeldete Fälle: Hohes Aufkommen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen
Nimmt man die absoluten Werte, also die zur Anzeige gebrachten Infektionen, zur Hand, so verzeichneten im Jahr 2018 (<em>Neuere Daten zum Jahr 2019 lagen zum Studienbeginn noch nicht vor.</em>) Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen mit 15.072 und Bayern mit 8.899 die höchsten Werte.
Geht man nach den zur Anzeige gebrachten Infektionen je Einwohner, führen nach den AMEOS Ost-Auswertungen die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern (absolut: 3.800 Norovirus-Fälle) und Sachsen-Anhalt (absolut: 5.218 Fälle) mit je 236 Norovirus-Fällen je 100.000 Einwohner (100 Tsd. EW) die Bundesstatistik an. Es folgen Thüringen mit 223 gemeldeten Fällen je 100 Tsd. EW (absolut: 4.793 Fälle), Sachsen (192 je 100 Tsd. EW, absolut: 7.845) und Brandenburg (156 je 100 Tsd. EW, absolut: 3.912).
Geringes Meldeaufkommen bei Norovirus in Süddeutschland
Im Gegensatz zu den Meldespitzenreitern – ausnahmslos ostdeutsche Länder – weißen etwa Baden-Württemberg (46 Fälle je 100 Tsd. EW, absolut: 5.060 Fälle), Hessen (56 Fälle je 100 Tsd. EW, absolut: 3.487 Fälle), Bremen (absolut 463 Fälle) und Bayern (je 68 Fälle je 100.000 EW) nur eine sehr geringe Meldequoten auf.
Im Mittelfeld finden sich: Niedersachsen (75 Fälle je 100.000 EW, absolut: 6.004 Fälle), Schleswig-Holstein (78 je 100 Tsd. EW, absolut: 2.258), Nordrhein-Westfalen (84 je 100 Tsd. EW, absolut: 15.072 Fälle), Rheinland-Pfalz (99 je 100 Tsd. EW, absolut: 4.055), Hamburg (102 je 100 Tsd. EW, absolut: 1.876), Berlin (105 je 100 Tsd. EW, absolut: 3.812) und das Saarland (108 je 100 Tsd. EW, absolut: 1.071). Die Zahlen lassen
Hohe Dunkelziffer: Nur Laborbefunde werden gemeldet / Masse der Erkrankungen werden nicht erfasst
„Die großen Unterschiede rühren daher, dass nur klinisch-labordiagnostisch untersuchte Fälle, also jene, die im Zuge eines ärztlichen Befundaufnahme im Labor untersucht worden, in die Statistiken aufgenommen werden. Das bedeutet, dass mit einer hohen Dunkelziffer, nicht registrierter Infektionen zu rechnen ist“, so der AMEOS-Experte, Dr. Michael Glas, Leiter Infektiologie und Hygienemanagement.
Auch das Robert Koch Institut bestätigt ein „regional unterschiedliches Diagnose- und Meldeverhalten. Bei Ausbrüchen in Krankenhäusern, Altenheimen erfolgt bei einem Teil der Fälle der Labornachweis, aber die Gesamtzahl der Fälle im Ausbruch wird nicht übermittelt“. Auch dies deutet darauf hin, dass die Masse der Erkrankungen in Deutschland gar nicht registriert wird.
Gesamtzahlen auf Bundesebene: Starke Schwankungen seit 2013
Bedingt durch das unterschiedliche Meldeverhalten in den Bundesländern sind auch die Schwankungen bei den Gesamtangaben nur eingeschränkt vergleichbar. Sie seien hier dennoch genannt. So wurden etwa im Jahr 2013 89.308 Fälle von Norovirus-Gastroenteritis gemeldet. Ein Jahr später (2014) waren es 75.040. Also rund 14.000 Fälle weniger. Im Jahr 2015 schnellte die Anzahl wieder über 89.000 Fälle (89.131). Im darauffolgenden Jahr sank der Wert leicht auf 83.648 gemeldete Fälle und brach im Jahr 2017 um mehr als 11.000 Erkrankungen auf 73.341 ein. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 77.625 Fälle dem Robert Koch Institut gemeldet.
Ansteckungsgefahr: Besonders betroffen sind Senioren und Kinder unter fünf Jahren
Die Ansteckung erfolgt meist durch Schmierinfektion: Mikroskopisch kleine Reste von Stuhl oder Erbrochenem gelangen von den Händen der Erkrankten auf Möbel oder Türklinken und so auf die Hände von Gesunden. Über kurz oder lang wandert die Hand in die Nähe des Mundes oder der Erreger wird auf Nahrungsmittel übertragen. Schon zehn bis 50 Stunden danach bricht die Krankheit aus. Besonders betroffen sind Senioren und Kinder unter fünf Jahren. Sie reagieren auch besonders empfindlich auf den Flüssigkeitsverlust, der durch Erbrechen und Durchfall entstehen kann.
Hygienemaßnahmen
Obwohl intensiv an einem Impfstoff gegen Noroviren geforscht wird, gibt es noch keine vorbeugende Impfung.
Es ist hilfreich, sich während der Herbst- und Winterzeit regelmäßig die Hände mit Seife zu waschen. Insbesondere nach dem Gang zur Toilette lohnt sich das. Zudem sollte man beim Verlassen die Klinke der Toilettentür nicht unbedingt mit der Hand berühren.
Wer einen Kranken pflegt, sollte Erbrochenes mit Einweghandschuhen und Einweglappen oder Küchenpapier entfernen. Anschließend empfiehlt sich auf kontaminierten Flächen der Einsatz eines antiviralen Desinfektionsmittels. Ein Mundschutz ist nicht erforderlich, außer bei intensiverem Kontakt. Kranke sollten nach Möglichkeit eine separate Toilette benutzen.
Wenn die Symptome verschwunden sind, sollten Erkrankte noch zwei Tage lang nicht in die Öffentlichkeit oder zur Arbeit gehen. Bis zwei Wochen nach der Krankheit sollen sie besonders auf ihre Handhygiene achten.
Wäsche, die mit Vollwaschmittel bei 60 Grad gewaschen worden ist, ist wieder in Ordnung, Geschirr wird durch den Geschirrspüler desinfiziert. (thn)
Datenbasis: Das Robert Koch Institut katalogisiert nur klinisch-labordiagnostisch bestätigte Norovirus-Fälle. Das Institut verfügt über keine Informationen zu klinisch-epidemiologische bestätigten Erkrankungen ohne Labornachweis. Das hat zur Folge, dass die vorliegenden Fallzahlen nur einen Teil der Erkrankungen widerspiegeln. Zudem besteht eine sogenannte „Unterschätzung“ bei Ausbrüchen etwa in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern oder Kindergärten. Auch bei größeren Ausbrüchen kann nur ein Bruchteil klinisch-labordiagnostisch bestätigt werden. Die Erhebung pro 100.000 Einwohner fußt auf Daten des Statistischen Bundesamtes.