Der Deutsche Rat für Wiederbelebung fördert das Projekt „Reanimationstraining für Schülerinnen und Schüler – Leben retten ist kinderleicht“. Ziel dieses Projekts ist es, jungen Menschen die lebensrettenden Fähigkeiten der Wiederbelebung näherzubringen und sie zu ermutigen, im Notfall aktiv zu werden.
Dieses Ziel unterstützen auch Jan Klinkenstein, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am AMEOS Klinikum Oldenburg in Holstein, und Tim Riebeling, langjähriger Notfallsanitäter beim Rettungsdienst Holstein (RDH). Sie organisierten zusammen mit dem Schulleiter des Oldenburger Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, André Bigott, erstmalig ein Reanimationstraining für die 10. Klassen des Gymnasiums. Das erste Training mit drei Kurseinheiten war schnell vorbereitet – AMEOS und der RDH unterstützten mit Menpower und Material, das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium mit den Schülern Helena Koch und Thore Lüdemann vom Schulsanitätsdienst, die bei allen drei Kursen bei den praktischen Übungen und der Organisation tatkräftig mithalfen.
Unter dem Motto „Prüfen – Rufen – Drücken“ wurden dann Ende Februar über 60 Schülerinnen und Schüler die ersten wichtigen Schritte der Reanimation gezeigt. „Die Rettungskette beginnt im besten Falle mit einer guten Laienreanimation“, sagt Chefarzt Jan Klinkenstein. „Wenn dies nicht geschieht, nutzt auch kein technisches High-End-Equipment. Der Schritt, eine Reanimation zu starten, braucht Überwindung – verständlich. Wir hoffen, mit unseren Kursen die Angst durch Wissen zu nehmen.“
Jährlich erleiden mehr als 120.000 Menschen deutschlandweit außerhalb eines Krankenhauses einen plötzlichen Herz-KreislaufStillstand. Nur jeder zehnte Betroffene überlebt. Innerhalb von drei bis fünf Minuten kommt es zu irreversiblen Schäden im Gehirn, wenn keine Herzdruck Massage durchgeführt wird. „Für uns Notfallsanitäter ist es unglaublich wichtig, dass in einem Notfall die Zeit bis zu unserem Eintreffen überbrückt wird“, berichtet Notfallsanitäter Tim Riebeling aus seiner Erfahrung. „Wird nicht schon geholfen bevor wir vor Ort sind, haben wir auch eine deutlich geringere bis gar keine Chance mehr, Patienten erfolgreich aus der Notsituation zu helfen.“
In Deutschland kommt es im Vergleich zum europäischen Ausland in Notfällen deutlich seltener zu Laienreanimationsmaßnahmen. Lediglich in 51 Prozent der Notfälle startet hierzulande eine sinnvolle Laienreanimation – jeder zweite Notfall bleibt ohne die möglicherweise lebensrettende Hilfe, bis der Rettungsdienst eintrifft. Entscheidende Minuten gehen hier verloren – Minuten, die Leben retten können.
Mit dem Projekt „Reanimationstraining für Schülerinnen und Schüler – Leben retten ist kinderleicht“ werden Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klassenstufe regelmäßig in Wiederbelebung trainiert. Sie sollen lernen, wie leicht die Maßnahmen sein können, die anderen Menschen in einem Notfall eine Chance zum Überleben geben können. Die Schülerinnen und Schüler und auch ihre Lehrkräfte können dieses Wissen – so die Idee – an Freunde und Verwandte weitergeben und die Angst verringern, in einer Notsituation nicht zu wissen, wie man helfen soll. Motivierend sind hier zum Beispiel die Zahlen aus Dänemark: Dort wurde bereits 2005 ein Reanimationstraining in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen – seitdem ist die Laienreanimationsrate auf über 80 Prozent angestiegen. Auch in Deutschland wurde begonnen, das kleine Einmaleins der Wiederbelebung durch erfahrenes Notfallpersonal wie Notärztinnen und -ärzte sowie Rettungsdienstmitarbeitende an Schulen zu trainieren.
„Wir sind überzeugt, dass die Vermittlung dieser wichtigen Fähigkeiten nicht nur das Selbstbewusstsein der Jugendlichen stärkt, sondern auch einen wertvollen Beitrag zur Sicherheit in unserer Gesellschaft leistet. Durch die Schulung von Schülerinnen und Schülern möchten wir eine Generation von Ersthelfern heranbilden, die im Ernstfall schnell und kompetent handeln kann“, erklären Jan Klinkenstein und Tim Riebeling und planen bereits einen ganzen Projekttag für ein weiteres Training und Einblicke in die professionelle Hilfe durch Rettungsdienst und Notaufnahme, der im Sommer stattfinden soll.
„Es ist toll, dass wir das Angebot zu diesem Training von echten Profis erhalten haben“, resümiert Schulleiter André Bigott. „Jeder kann von einem Notfall betroffen sein. Wie gut, wenn dann viele wissen, wie richtig geholfen wird.
Fotos: © AMEOS – Tatjana Kay