Das 150-jährige Jubiläum der Psychiatrie am Gertrudenberg ist mit der Eröffnung einer bemerkenswerten Ausstellung eingeläutet worden. Unter dem Titel „Von Papenburg nach Neuruppin“ sind im Treffpunkt für Kunst und Kultur (Gertrudenring 5) im AMEOS Klinikum Osnabrück bis zum 15. März Werke der Berliner Künstlerin Hannah Bischof zu sehen. In 13 Gemälden und elf Schwarzweißfotografien spürt sie dem Leben ihrer Großmutter nach, die aus Papenburg stammt und als Opfer der „T4-Aktion“ der Nationalsozialisten - der systematischen Ermordung von Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in den Jahren 1940 bis 1945 - mit nur 42 Kilo Gewicht in Neuruppin den Hungertod stirbt.
Krankenhausdirektor Ralph Ehring betonte in seiner Begrüßung, wie wichtig es sei sich auch mit den dunklen Kapiteln der Psychiatrie zu befassen und sich in Erinnerung zu rufen, wie die Nationalsozialisten mit psychisch Kranken umgingen. „Dieses Menschenbild hat die Gesellschaft seit Jahrzehnten hinter sich gelassen und heute stehen wir für eine offene und vielfältige Psychiatrie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt“.
Katja Watermann, Leiterin des Treffpunktes für Kunst und Kultur, stellte die Künstlerin vor und führte in die Ausstellung ein. Es sei sehr passend, dass Hannah Bischof im AMEOS Klinikum Osnabrück ausstelle, da ihre Großmutter hier vor vielen Jahren Patientin gewesen sei.
Das ist nun 97 Jahre her, berichtete Hannah Bischof. Als 17jährige sei ihre Großmutter mit der Diagnose „Jugendirrsinn“ aus Papenburg zur stationären Behandlung in die damalige Heil- und Pflegeanstalt zu Osnabrück, dem heutigen AMEOS Klinikum Osnabrück gekommen. Osnabrück war eine besondere Station in ihrem bewegten Leben, daher sei es für sie besonders, hier ausstellen zu können, so die Künstlerin. Auf einem ihrer Bilder habe sie den Aufenthalt ihrer Mutter in Osnabrück festgehalten. Ohne die Stadt jemals in natura oder auf Fotos gesehen zu haben, hat sie scheinbar unterbewusst den Dom als eines der Wahrzeichen von Osnabrück in ihrem Bild berücksichtigt.
„Ich male intuitiv“, beschrieb Bischof ihre Arbeitsweise. So seien alle Bilder entstanden, die einen Bezug zu ihrer Großmutter hätten. Das habe sie aber oft erst nach Fertigstellung der jeweiligen Werke erkannt und ihnen dann die jeweiligen Stationen im Leben ihrer Großmutter zugeordnet. Und so erzählen die ersten Bilder aus Papenburg und Osnabrück, weitere vom Leben in Hamburg und Berlin: Mit 22 Jahren heiratet sie Josef Fenski. Das Paar bekommt drei Kinder und lebt in Berlin. 1939 wird Maria wegen „Schizophrenie“ ins Krankenhaus Herzberge in Berlin-Lichtenberg eingewiesen. 1941 wird sie mit einem Sammeltransport von dort nach Neuruppin verlegt. Nur ein Jahr später stirbt Maria Fenski in der ansässigen Landesanstalt. Die offizielle Todesursache lautet “Herzmuskelentartung“. Tatsächlich stirbt sie aber als Opfer der „T4-Aktion“ der Nationalsozialisten mit nur 42 Kilo Gewicht den Hungertod.
„Über 70 Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft begreife ich die Ausstellung als ein politisches und zugleich privates Engagement dafür, dass sich ein solches Unrecht nicht wiederholt“, so die Künstlerin: Die Ausstellung sei gleichzeitig eine Aufforderung an die Gesellschaft, Ausgrenzung und Abwertung von Menschen nicht hinzunehmen, sondern zu verhindern.
Die Bilder der Künstlerin sind von Montag bis Donnerstag (9 bis 11 Uhr und 13 bis 15 Uhr) zu besichtigen. Größere Gruppen und Führungen sind nach Voranmeldung auch an anderen Tagen möglich. Info und Anmeldung: Katja Watermann, Telefon 0541 313 860, E-Mail.