Dr. med. Matthias Krüger, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie hat erstmals am AMEOS Klinikum Schönebeck einen Darmschrittmacher implantiert. Das kleine Gerät hilft Patientinnen und Patienten, die an einer Darminkontinenz leiden, wieder die Kontrolle über ihre Kontinenz zurückzugewinnen.
In Deutschland leiden etwa zehn Prozent der Menschen an einer Blasen- oder Darmfunktionsstörung. Eines der häufigsten Symptome ist ein unkontrollierbarer Abgang von Harn oder Stuhl. Obwohl diese Inkontinenz weit verbreitet ist, fällt es vielen Betroffenen schwer, ihre gesundheitlichen Beschwerden als Krankheit anzunehmen und schweigen darüber. Denn der Darm hat ein schmutziges Image, über ihn zu reden empfinden viele als unangenehm. Dabei ist eine Inkontinenz lebenseinschränkend, so dass sich Betroffene sozial, beruflich und persönlich oft zurückziehen. „Wir erleben im Gespräch mit Patientinnen und Patienten häufig, dass viele einen langen Leidensweg hinter sich haben, bis sie mit ihren Beschwerden zum Arzt gehen“, sagt Dr. Matthias Krüger über seine Erfahrungen aus der Praxis. Dabei bietet die moderne Medizin hervorragende Behandlungsmöglichkeiten bei Stuhlinkontinenz. „Wir können mit einem Schrittmacher die Beschwerden in vielen Fällen, wo die konservative medikamentöse Therapie versagt, mit dem Darmschrittmacher dauerhaft und ganz beheben“, berichtet Dr. Krüger über die medizinischen Möglichkeiten.
Ein Darmschrittmacher oder Neuromodulator funktioniert ähnlich wie ein Herzschrittmacher. Der fünf Millimeter flache Neuromodulator in der Größe einer zwei Euromünze wird minimalinvasiv im oberen Gesäßbereich implantiert. Elektroden stimulieren und modulieren mit schwachen elektrischen Impulsen das Nervengeflecht, so dass die Anspannung der Muskulatur im Beckenboden zunimmt und so die Ausscheidungen wieder kontrolliert werden können. „Der Schrittmacher wird in zwei Stufen implantiert: im ersten Schritt wird getestet, ob der Patient tatsächlich eine Verbesserung spürt und die Einstellungen, wie etwa die Stärke des elektrischen Impulses, erfasst“, erklärt Dr. Krüger das Vorgehen. Nach erfolgreicher Testphase wird im zweiten Schritt der Schrittmacher unter die Haut implantiert.
Eine Darminkontinenz tritt oft in Verbindung mit anderen Erkrankungen, wie Multipler Sklerose, in Folge einer Krebserkrankung oder anderer operativer Eingriffe auf. Um Betroffenen ein niederschwelliges Gesprächsangebot zu machen, bietet die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie ab September eine telefonische Kontinenzsprechstunde an. „Viele Patientinnen und Patienten scheuen bei dem Thema den direkten Arztbesuch“, erzählt Dr. Krüger über das neue Angebot. „Daher haben wir uns für eine telefonische Sprechstunde entschieden, bei der Betroffene erst mal unerkannt Rat suchen können“, so Krüger weiter. Weitere Informationen zur Kontinenzsprechstunde werden noch bekanntgegeben.